Glas: Das wesentliche Nanotech-Material
Glas: Das wesentliche Nanotech-Material
Lange bevor der Physiker Richard Feynman das Zeitalter der Nanotechnologie mit seiner Behauptung im Jahre 1959 einleitete, dass unten eine Menge Platz sei, hatten Menschen Glas bereits auf der Nanoebene manipuliert – oftmals unbewusst.
Tausende Jahre lang haben Künstler aufgrund seiner Formbarkeit, wie es sich anfühlt und wie es mit Licht interagiert, mit Glas gearbeitet, während Handwerker Glas für praktische Anwendungen genutzt haben, da Glas stabil, undurchdringbar und transparent ist. Im vergangenen Jahrhundert haben Wissenschaftler im Hinblick auf die Eigenschaften und Herstellung von Glas außergewöhnliche Fortschritte gemacht, die zu innovativen Anwendungen in vielfältigen Bereichen geführt haben, wie z.B. der Architektur, dem Verkehr, der Elektronik, Kommunikation und Medizin.
Wie kann ein Werkstoff so viel leisten?
Eigentlich ist Glas ein ziemlich simpler Werkstoff. Der Hauptbaustein ist Quarz in Form von Sand. Quarz interagiert auf vielfältige Weise mit seinen Freunden im Periodensystem. Schaut man sich Forschungsarbeiten zum Thema Glas an, so sieht man, dass Wissenschaftler Quarz mehr als 50 verschiedene Elemente hinzugefügt haben, um Glaszusammensetzungen zu schaffen, die einzigartige Merkmale aufweisen.
Das Verfahren der Glaszusammensetzung befindet sich aber erst am Anfang. Wissenschaftler nutzen verschiedene Techniken, wie Irradiation, Oberflächenmodifizierung und präzise Temperaturkontrollen, um Spezialgläser mit unterschiedlichen Farben, Formfaktoren, Stärken, Flexibilitätsstufen und Lichthandhabungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Durch Verfeinerung der Glasrezeptur und -herstellung können Wissenschaftler fast unbegrenzte neue Möglichkeiten schaffen. Diese beeindruckende Vielseitigkeit von Glas hat den Wissenschaftler David Pye von der Alfred University dazu bewogen, Glas als wesentliches Nanotech-Material zu beschreiben.
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Lycurgus-Kelch
Lycurgus-Kelch
Die Nanotechnologie hat, wenn auch unbewusst, eine zentrale Rolle bei der Schaffung schöner und farbiger künstlerischer Werke gespielt, wie dem Lycurgus-Kelch aus dem 4. Jahrhundert in Italien. Von vorne beleuchtet erscheint der Glaskelch jadegrün, von hinten beleuchtet allerdings blutrot. Das Phänomen, das Wissenschatlern über Jahrhunderte Kopfzerbrechen bereitete, ergibt sich aus den Silber- und Goldpartikeln, die von römischen Kunsthandwerkern geschliffen wurden, bis sie einen Durchmesser von 50 Nanometern aufwiesen – das ist ein Tausendstel eines Speisesalzkorns.
©The Trustees British Museum
Die Nanotechnologie hat, wenn auch unbewusst, eine zentrale Rolle bei der Schaffung schöner und farbiger künstlerischer Werke gespielt, wie dem Lycurgus-Kelch aus dem 4. Jahrhundert in Italien. Von vorne beleuchtet erscheint der Glaskelch jadegrün, von hinten beleuchtet allerdings blutrot. Das Phänomen, das Wissenschatlern über Jahrhunderte Kopfzerbrechen bereitete, ergibt sich aus den Silber- und Goldpartikeln, die von römischen Kunsthandwerkern geschliffen wurden, bis sie einen Durchmesser von 50 Nanometern aufwiesen – das ist ein Tausendstel eines Speisesalzkorns.
©The trustees British Museum
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Optische Technologie
Optische Technologie
Die Kontrolle von optischen Eigenschaften ist die klassische Glaswissenschaft auf der Nanoebene. Kleine Unterschiede bei den Abständen und Verbindungen zwischen Elementen sorgen für unterschiedliche Lichtabsorptions-, Übertragungs-, Reflexions- und Streugrade. Da die Eigenschaften von Glas verfeinert werden können, ist Glas ein wichtiger Werkstoff für Technologien, wie optische Filter, fluoreszierende Körper und Lasersystemen.
Die Kontrolle von optischen Eigenschaften ist die klassische Glaswissenschaft auf der Nanoebene. Kleine Unterschiede bei den Abständen und Verbindungen zwischen Elementen sorgen für unterschiedliche Lichtabsorptions-, Übertragungs-, Reflexions- und Streugrade. Da die Eigenschaften von Glas verfeinert werden können, ist Glas ein wichtiger Werkstoff für Technologien, wie optische Filter, fluoreszierende Körper und Lasersystemen.
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Photochrome Gläser
Photochrome Gläser
Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, warum einige Brillengläser selbsttönend sind? Die Antwort liegt auf der Nanoebene. Photochrome Gläser enthalten nanokleine Silberhalogenidkristalle, deren elektrische Eigenschaften durch Hinzufügen von Kupfer geändert wurden. Bei Lichteinwirkung absorbieren kleine metallische Silberelemente innerhalb der Kristalle die Strahlen und färben das Glas dunkel. Fällt die Lichtquelle weg, nimmt Glas wieder seine ursprüngliche Farbe an.
Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, warum einige Brillengläser selbsttönend sind? Die Antwort liegt auf der Nanoebene. Photochrome Gläser enthalten nanokleine Silberhalogenidkristalle, deren elektrische Eigenschaften durch Hinzufügen von Kupfer geändert wurden. Bei Lichteinwirkung absorbieren kleine metallische Silberelemente innerhalb der Kristalle die Strahlen und färben das Glas dunkel. Fällt die Lichtquelle weg, nimmt Glas wieder seine ursprüngliche Farbe an.
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Glaskeramik
Glaskeramik
Die Erfindung von Glaskeramiken durch Donald Stookey, Wissenschaftler bei Corning, ist eine bahnbrechende Entdeckung in der Geschichte der Nanotechnologie. Glaskeramiken bestechen durch eine extreme Temperaturtoleranz und Bruchbeständigkeit. Glaskeramik beginnt als homogenes Glasstück (Alumosilikat, Fluorsilikat oder Eisensilikat), das einer oder mehreren Wärmebehandlungen unterliegt, damit Kristalle gezüchtet werden können. Je nach Kristallgröße im Verhältnis zur Wellenläge von Licht kann das Glas entweder transparent oder undurchsichtig sein. Sobald sich ein Riss im glaskeramischen Material ausbreitet, trifft er schnell auf einen Kristall, der ihn zwingt die Richtung zu ändern oder einen neuen Riss auslöst. Dieser gewundene Pfad macht es dem Riss extrem schwierig einen Bruch zu verursachen.
Die Erfindung von Glaskeramiken durch Donald Stookey, Wissenschaftler bei Corning, ist eine bahnbrechende Entdeckung in der Geschichte der Nanotechnologie. Glaskeramiken bestechen durch eine extreme Temperaturtoleranz und Bruchbeständigkeit. Glaskeramik beginnt als homogenes Glasstück (Alumosilikat, Fluorsilikat oder Eisensilikat), das einer oder mehreren Wärmebehandlungen unterliegt, damit Kristalle gezüchtet werden können. Je nach Kristallgröße im Verhältnis zur Wellenläge von Licht kann das Glas entweder transparent oder undurchsichtig sein. Sobald sich ein Riss im glaskeramischen Material ausbreitet, trifft er schnell auf einen Kristall, der ihn zwingt die Richtung zu ändern oder einen neuen Riss auslöst. Dieser gewundene Pfad macht es dem Riss extrem schwierig einen Bruch zu verursachen.
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Corning® Gorilla® Glass
Corning® Gorilla® Glass
Corning produziert Gorilla Glass auf der Grundlage einer patentgeschützten Rezeptur bestehend aus Siliziumdioxid, Natriumoxid und Aluminiumoxid. Doch das Ionenaustauschverfahren ist der eigentliche Schlüssel, um es so widerstandsfähig zu machen. Das Glas wird in ein ca. 400°C heißes Bad mit geschmolzenem Salz getaucht. Die Natriumionen verlassen das Glas und werden durch die größeren Kaliumionen aus dem Bad ersetzt. Kaliumionen nehmen mehr Platz ein und werden, wenn sich das Glas abkühlt, gegeneinander gepresst. Das Resultat: eine tiefe Druckspannungsschicht, die die Oberfläche viel härter macht als dies bei herkömmlichem Glas der Fall ist. Dank der außergewöhnlich hohen Widerstandsfähigkeit ist Gorilla Glass das Glas der Wahl in rund drei Milliarden mobilen Geräten.
Corning produziert Gorilla Glass auf der Grundlage einer patentgeschützten Rezeptur bestehend aus Siliziumdioxid, Natriumoxid und Aluminiumoxid. Doch das Ionenaustauschverfahren ist der eigentliche Schlüssel, um es so widerstandsfähig zu machen. Das Glas wird in ein ca. 400°C heißes Bad mit geschmolzenem Salz getaucht. Die Natriumionen verlassen das Glas und werden durch die größeren Kaliumionen aus dem Bad ersetzt. Kaliumionen nehmen mehr Platz ein und werden, wenn sich das Glas abkühlt, gegeneinander gepresst. Das Resultat: eine tiefe Druckspannungsschicht, die die Oberfläche viel härter macht als dies bei herkömmlichem Glas der Fall ist. Dank der außergewöhnlich hohen Widerstandsfähigkeit ist Gorilla Glass das Glas der Wahl in rund drei Milliarden mobilen Geräten.
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Biogläser
Biogläser
Neue Glaszusammensetzungen und nano- und mikrostrukturelle Designs ermöglichen neue aufregende medizinische Anwendungen. Mikrokugeln aus Glas für die Strahlentherapie haben sich im Kampf gegen Leber- und Nierenkrebs als überaus erfolgreich herausgestellt. Wissenschaftler an der Missouri University of Science & Technology haben Boratglas-Nanofasern entwickelt, die bei der Heilung von Fleischwunden zum Einsatz kommen. Die Fasern verlangsamen die Blutung, bekämpfen Bakterien und stimulieren den natürlichen Heilmechanismus des Körpers. Da die Fasern schnell vom benachbarten Gewebe aufgenommen werden, können sie auch zu einer geringeren Narbenbildung beitragen und müssen nicht mehr entfernt werden.
Mo-Sci Corp., used with permission of The American Ceramic Society
Neue Glaszusammensetzungen und nano- und mikrostrukturelle Designs ermöglichen neue aufregende medizinische Anwendungen. Mikrokugeln aus Glas für die Strahlentherapie haben sich im Kampf gegen Leber- und Nierenkrebs als überaus erfolgreich herausgestellt. Wissenschaftler an der Missouri University of Science & Technology haben Boratglas-Nanofasern entwickelt, die bei der Heilung von Fleischwunden zum Einsatz kommen. Die Fasern verlangsamen die Blutung, bekämpfen Bakterien und stimulieren den natürlichen Heilmechanismus des Körpers. Da die Fasern schnell vom benachbarten Gewebe aufgenommen werden, können sie auch zu einer geringeren Narbenbildung beitragen und müssen nicht mehr entfernt werden.
Mo-Sci Corp., used with permission of The American Ceramic Society